Zitat Kommunal vom 13.11.2023:
"Die Kommunalpolitik ist leider bis heute eine Männerdomäne, das zeigt der geringe Frauenanteil unter den Bürgermeister:innen: In Österreich sind gerade 10,5 Prozent aller Gemeinden in weiblicher Hand. Das ist deshalb problematisch, weil die Hälfte der Bevölkerung mit ihren Bedürfnissen und Lebensrealitäten nicht abgebildet wird. Doch wie bringt man mehr Frauen in die Kommunalpolitik? Eine Studie aus Südtirol zeigt Handlungsfelder auf. [...]
Es ist wichtig, Unterschiede anzuerkennen, vor allem in der Perspektive und Lebensrealität der Menschen. Frauen bringen nun mal andere Erfahrungen mit als Männer, auch wenn sie dieselbe Erziehung oder Ausbildung genossen haben. Gerade in der Kommunalpolitik ist durch die Nähe zu Bürger:innen die Mitarbeit aller Geschlechter unabdingbar. [...]
Aktuell gibt es in Österreich unter 2.093 Gemeinden 220 Bürgermeisterinnen – ein Anteil von 10,5 Prozent. Die Zahl der Vizebürgermeisterinnen wird auf rund 500 geschätzt und die Zahl der Mandatarinnen in den Gemeinden auf rund 10.300 von insgesamt 39.330. Insgesamt liegt der Anteil der Frauen in der Kommunalpolitik bei etwa einem Viertel. [...]
Die politische Tätigkeit selbst wird des Öfteren als sehr belastend empfunden. Der hohe Zeitaufwand, die Bürokratie, die mangelnde Wertschätzung mancher Mitbürgerinnen und -bürger, die nicht ernst genommene Mitsprache sowie die Machtspiele der männlichen Politiker seien kräftezehrend, erklärten Befragte in der Umfrage. Das deckt sich mit den Ergebnissen einer ähnlichen Umfrage unter österreichischen Bürgermeister:innen. [...]
Maßnahmen im politischen und im vorpolitischen Raum
Das zielt vor allem auf Vereine ab, wo sich bekanntlich viele Frauen bereits ehrenamtlich engagieren. Ehrenamtliche Arbeiten sind wichtig für die Bekanntheit der Personen und gleichzeitig ein Sprungbrett, da bereits engagierte Frauen auch eher politisches Engagement an den Tag legen als jene, die sich nicht einbringen. Die Politik kann daher Ehrenämter als Quelle für Nachwuchs nutzen und mit dort engagierten Frauen in Kontakt treten. [...]
Konkret bedeutet das für Gemeinden beispielsweise, aktiv den Austausch mit Vereinen zu suchen, sogenannte Frauenbeauftragte in den Vereinen ernennen, die den Austausch von Frauen fördern, oder etwa Frauenstammtische bzw. Netzwerk-Cafés für den Austausch von Frauen aus unterschiedlichen Vereinen oder Bereichen zu etablieren.
Auch in den Schulen kann man bereits anfangen, junge Menschen mit der Politik in Kontakt zu bringen. Das Projekt »Girls in Politics«, bei dem Mädchen und junge Frauen einen Tag lang eine Bürgermeisterin oder einen Bürgermeister begleiten, ist ein gutes Beispiel dafür. Doch auch allgemeine Besuche von Politikerinnen und Politikern in der Schule oder die Errichtung eines Schülerparlaments sind gute Ansätze, um junge Menschen mehr für die Möglichkeiten politischer Partizipation zu sensibilisieren.
Als wichtige Voraussetzung für politisches Engagement von Frauen gilt auch eine familienfreundliche Politikkultur. Dazu zählen beispielsweise alternative Sitzungszeiten etwa am Nachmittag oder in Mittagspausen, anstatt der »traditionellen« Sitzungen am Abend. Auch Betreuungsangebote für Kinder sind ein Faktor. [...]
Die Autor:innen der Studie betonen jedoch: Alle rechtlich-institutionellen Maßnahmen laufen ins Leere, wenn sie nicht mit einer gesellschaftlichen Einstellungsänderung einhergehen. Ein wichtiger Ansatzpunkt sei dabei die Kultur innerhalb der Parteien. Auch dort brauche es Quoten. In kleineren Gemeinden hätten auch Einheitslisten Potenzial, weil dann erfahrungsgemäß mehr Frauen kandidieren. [...]
Vernetzung ist für die Informations- und Wissensvermittlung enorm wichtig. Vor allem für Neueinsteigerinnen in die Gemeindepolitik ist sie bedeutend, um Selbstsicherheit aufzubauen bzw. diese zu stärken. Aus vielen Studien geht hervor, dass sich neue Politikerinnen oft mehr Unterstützung und Austausch wünschen, da dies viel zur persönlichen Ermutigung beiträgt. Ein solches Netzwerk bildet etwa die österreichische Bürgermeisterinnengruppe, die sich seit 2007 alljährlich in einer anderen Gemeinde in Österreich trifft. [...]"
https://kommunal.at/warum-gibt-es-so-wenige-frauen-der-kommu...Quelle: kommunal.at